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Der Buddhismus leitet dazu an, sich selbst und alle Religionen zu hinterfragen.

27. März 2019 / 11:00 Uhr

Der Buddhismus: Religion oder nicht?

Neben dem Daoismus und dem Konfuzianismus ist der Buddhismus eine der drei großen Lehren in der Kultur Chinas. Während Konfuzianismus und Daoismus eher innerchinesische Religionen sind, hat der Buddhismus doch eine größere Ausdehnung. Er findet sich in zum Teil auch in Indien, in der Mongolei und Südostasien.

Vorväter des Buddhismus

Als Vorgänger des Buddhismus kann der Hinduismus betrachtet werden. Im Hinduismus gab es zur Zeit der Gründung des Buddhismus eine Kultur verschwenderischer Opfer-Rituale. Als Gegengewicht entstand dazu ein Asketentum. Der Gründer des Buddhismus war selbst eine Zeit Hindu-Asket, wandte sich aber nach seiner Erleuchtung von schwerer Askese ab und brach auf diese Weise mit der hinduistischen Tradition. Der Buddhismus wurde zwar gegründet und ist eine Offenbarungsreligion, jedoch wurde nicht der gesamte Buddhismus offenbart. Große Teile, insbesondere der Glaube an Karma und Wiedergeburt wurden von Vorgänger Hinduismus übernommen. Man kann die Gründung des Buddhismus in etwa mit der Entstehung des Christentums aus dem Judentum durch einen Propheten vergleichen. Auf einen Märtyrer- oder Kreuzestod hingegen verzichtete sein Gründer.

Gründer

Gotama Siddharta, genannt Buddha oder der Erleuchtete, ist der Stifter des Buddhismus. Gotama Siddharta (*563 v. Chr.) war ein indischer Adeliger, der eines Tages erkannte, dass alle Lebewesen leiden. Er wollte verstehen, warum Lebewesen leiden und verließ deswegen die geschützte Umgebung eines adeligen Hofes. Er war verheiratet und hatte einen Sohn namens Fessel, verließ Eltern, Hof, Frau und Kind, um Asket zu werden.

Nach etlichen Jahren als Asket gelangte Gotama Siddharta zu zur Erkenntnis, dass die rigorose Askese nicht zu der Erkenntnis führt, die er zu erlangen erhoffte. Des Weiteren erkannte er die Ursachen des Leidens, die Aufhebung des Leidens und Wege, die zur Aufhebung des Leidens führen. Der Körper sollte als Werkzeug für den Geist dienen und nicht künstlich geschunden werden, zumal Selbstquälerei das Leide aller Lebewesen nicht vermindert, sondern erhöht. Von sich selbst glaubte Buddha, die sogenannte Erleuchtung erlangt zu haben, und für sich selbst den Kreislauf des Leidens, Sterbens und Wiedergeborenwerdens durchbrochen zu haben. Da er aber sein Wissen weitergeben und alle Lebewesen vom Leiden befreien wollte entschloss er sich, es zu verkünden.

Fortan führte Buddha ein Leben als wandernder Bettelmönch und scharte etliche Anhänger um sich, welche sich ebenfalls für ein Leben als Bettelmönche entschieden. Der Begriff Bettelmönch ist möglicherweise irreführend, da Buddha und seine Jünger sich gerade nicht für ein Leben als Asketen entschieden, sondern gemäß Überlieferung angemessen gekleidet waren und Wert auf gesunde Ernährung legten. Nach seiner Erleuchtung lehrte Buddha noch 45 Jahre und versetzte sehr viel Menschen in den Mönchs- oder Nonnenstand. Viele seiner Reden wurden aufgeschrieben, sodass es heute noch mehrere Sammlungen oder Kanone gibt. Insgesamt ist Buddhas Erscheinen historisch nachgewiesen, wobei sich Geschichte und Legende vermischen können. Neben seinen Lehrreden sind auch 32 größere und 80 kleinere Körpermerkmale überliefert, zum Beispiel dass er alle Zähne gehabt haben seine Zunge lang und breit gewesen sein soll.

Mit 80 Jahren verstarb Buddha in Indien an den Nachwirkungen einer Durchfallerkrankung im Kreise seiner Anhänger und Novizen. Als letzte Tat versetzte er noch einige Novizen vor der Beendigung ihrer Probezeit in den Mönchstand.

Nach seinem Tod

Ähnlich wie im Christentum gab es nach Gotamas Tod Konzile, mit dem Zweck die Religion zu organisieren und das Gelehrte festzuhalten. Aufgeschriebene Lehren wurden zu größeren Werken zusammengefasst. Sie heißen Kanons. Es gibt zum Beispiel einen Pali-Kanon und einen Chinesischen Kanon. Diesbezüglich war das erste Konzil unverzüglich nach dem Tod des Erleuchteten das produktivste, da dort die eigentliche Lehre zusammengetragen und festgehalten wurde. Auf weiteren Konzilien ging es eher darum, wie man mit Häretikern umzugehen hat und um eher unwichtige Details, zum Beispiel ob ein Mönch Salz besitzen darf.

Es gab insgesamt 7 Konzile davon zwei vierte Konzile, also eigentlich ist das 6. Konzil das siebte. In den letzten Konzilien wurde wenig substanziell Neues erkannt, vielmehr wurden offene Detailfragen nicht geklärt und ließen innerreligiösen Streit offen. Auch der Buddhismus ist nicht frei vom Streit über die Deutungshoheit.

Seit Siddhartas Lehrreden breitete sich der Buddhismus östlich von Indien und nach Norden und Nordosten aus. Seine westlichsten Außenposten konnten in Baktrien, heute Afghanistan, errichtet werden. Im Zuge der Ausbreitung des Islam wurde der Buddhismus etwas zurückgedrängt. Ein trauriges Symbol ist die Sprengung der Buddha-Statuen von Bamyan durch die Taliban.

Derzeitige Lage

Der Buddhismus ist die viertstärkste Religion auf der Welt nach Christentum, Islam und Hinduismus und im Großen und Ganzen auf die Gebiete Ost- und Südostasien beschränkt. Er findet auch im Westen zahlreiche Anhänger.

Ziel

Das Ziel des Buddhismus ist die Befreiung aller Lebewesen vom Leiden. Alles, war irgendwie zur Verminderung des Leidens beiträgt wird als hilfreich angesehen. Aus diesem Grund gilt der Handel mit Tieren als nicht hilfreich. Tiere sind ebenfalls empfindungsfähige Lebewesen und das was man einem Tier antut ist nicht viel weniger Verwerflich als das, was man anderen Menschen antut.

Erlösung aus eigener Kraft

Während in den monotheistischen Religionen nur Gott oder Jesus die Menschen erlösen oder von ihren Sünden reinwaschen können, trägt im Buddhismus jeder selbst dazu bei, sein Leiden und das Leiden anderer zu vermindern. Natürlich können Freunde, Mitmenschen und Mitlebewesen dazu beitragen, das Leiden zu vermindern, der Rolle von Göttern wird aber weniger Bedeutung beigemessen.

Karma

Das Karma ist die Gesetzmäßigkeit, die besagt, dass alles Böse, das man einem Mitlebewesen angetan hat, auf einen zurückfällt. Die Gründe liegen einerseits im hinduistischen Teil des Buddhismus, andererseits im fehlenden Glauben an ein Selbst. Wenn du Gut zu deinen Mitlebewesen bist, sind sie auch gut zu dir. Es ist aber ein Irrtum, dass der Buddhismus völlige Wehrlosigkeit predigt. Es ist durchaus erwünscht, andere zu beschützen und zu verhindern, dass Lebewesen einen selbst und andere vernichten. Ziel ist die Verminderung des Leidens. Also ein Besiegen des Angreifers und nach dem Sieg kein unnötiges weiteres Leid durch Rache zu verüben.

Es gibt kein Selbst

Der Buddhismus glaubt, dass es kein Selbst gibt, sondern nur an eine Kombination von äußeren und inneren Umständen. Die Aussage, man hätte selbst etwas erreicht, ist im Buddhismus unsinnig. Denn die Eltern, die Umstände und die Mitmenschen haben dazu beigetragen, dass eine Leistung erbracht wurde oder einer Entscheidung getroffen wurde. Selbst zu sein, würde bedeuten, im Vakuum unabhängig von allen Lebewesen zu bestehen, was aber sinnlos wäre. In weiterer Folge ist das Erleben der eigenen Existenz der Verkettung äußerer und innerer Umstände geschuldet. Wenn nun ein Mensch seine Probleme lösen will, muss er dies nicht nur in seinem Inneren, sondern auch in seinem Umfeld tun. Um Selbst glücklich zu sein, muss ein Mensch dafür sorgen, dass sein Umfeld auch ihm nicht schadet. Infolgedessen ist es logisch, ein auf Spenden angewiesener Mönch zu sein. Denn, ist die Gesellschaft gesund, friedlich und glücklich, will sie den Mönchen freiwillig etwas geben.

Utilitaristische Moral

Moralvorstellungen im Buddhismus sind egoistischer Natur. Da alles ja auf einen zurückfällt, und wir alle Teil eines riesigen Organismus sind, ist es vernünftig und eigennützig, sich so zu verhalten, dass andere Lebewesen glücklich sind. Obwohl es kein Selbst gibt, verleugnet der Buddhismus nicht Mitgefühl mit einem Selbst: “Habe Mitgefühl mit allen Lebewesen, sogar mit dir selbst.” Wenn du dir was Gutes tust, ist das in Ordnung, wenn du anderen nicht schadest, im Gegenteil es vermindert das Leid auf der Welt.

Die Entstehung der Welt

Es gibt im Buddhismus keinen Schöpfer, sondern die Gedanken der Lebewesen erschaffen das Bild der Welt. Die Vorstellung, die wir von der Welt haben, beeinflusst wie wir die Welt erleben. Mit welchen Vorstellungen wir die Welt betreten erzeugt eine Kette von Zielsetzungen und Frustration, die zum Leiden führt. Auf gut Deutsch gesagt, wer nicht weiß, was er alles verpassen könnte ist glücklich und erzeugt kein Leiden, da er die Umwelt nicht verschmutzt, andere Lebewesen nicht übervorteilt und nicht in einem Konkurrenzkampf steht. Es ist aber möglich, sein eigenes Rennen hinter seinen Zielen zu erkennen und aufzuhören, sich über kleine Frustrationen und großes Leid zu sorgen.

Nirvana

Das Nirvana ist ein Zustand, in dem man nicht ständig irgendwelchen Zielen hinterherläuft oder sich von schmerzvollen Erfahrungen erholt. Es handelt sich um einen Zustand von Gleichgültigkeit gegenüber eigenen Zielen oder schmerzvollen Erfahrungen. Der Wunsch, sich zu beweisen, verschwindet. Man befindet sich in einem Zustand ohne Sinnesreize, ohne Gedanken, ohne Wünsche. Auch Zahlen spielen keine Rolle mehr, da in diesem Zustand der Tropfen des eigenen Geistes in das große Meer der Weltseele zurückgekehrt ist. Im Grunde lässt sich das Nirvana mit dem Bewussten erleben des Nichts ohne Vergangenheit, Zukunft und ohne räumliche Ausdehnung beschreiben. Im Nirvana ist man allerdings bei Bewusstsein. Da der Geist aber vollkommen leer ist, befindet man sich im gleichen Zustand wie alle anderen Lebewesen, die ebenfalls diesen Zustand des vollkommenen Nichts erreicht haben. Der Unterschied verschwindet, die Anzahl der Lebewesen im Nirvana ist nicht zählbar und die Lebewesen sind nicht unterscheidbar.

Meditation

Um Bedürfnislosigkeit und das Nirvana zu erleben, sollen alle Lebewesen meditieren. Meditation ist ein Zustand aktiver Leere, in dem die Gedanken zur Ruhe kommen und anschließend der eigene Geist erlebt wird. Der Leser kann gerne versuchen, einmal nichts zu denken. Er wird beobachten, dass innerhalb kürzester Zeit.

Sonstige Jenseitsvorstellungen

Trotz des Nirvanas gibt es im Buddhismus Himmel und Höllen. Sie können sehr lange dauern, sind aber trotz allem nicht ewig. In die Hölle zum Beispiel gelangt man, wenn man seine Eltern ermordet. Die Existenz eines Totenreiches oder die Existenz von Dämonen und sonstigen überirdischen Wesen wird zwar grundsätzlich anerkannt, wird aber als nicht übermäßig wichtig erachtet. Im Grunde kann jeder zur Erleuchtung oder ins Nirvana gelangen, wenn er Meditiert und sich fair gegenüber allen Lebewesen verhält.

Zweifel an der Religion ist erlaubt und erwünscht

Wäre Buddha heute geboren, würde er sich als Seelenwissenschaftler bezeichnen. Niemals forderte Buddha, dass man seine Lehre einfach glaubt, sondern man soll die gewonnen Erkenntnisse selbst überprüfen. Überhaupt sollte man die Dinge so sehen, wie sie sind und nicht wie man sie gerne hätte.

Ist der Buddhismus eine Religion?

Anhänger der Philosophie behaupten manchmal, er sei eine Religion, religiöse Gelehrte behaupten zuweilen, er sei eine Philosophie. Tatsächlich ist der Buddhismus als vielseitig zu gebrauchen. Zum einen bietet der Buddhismus Übungen an, um seinen Geist zu beruhigen und in dieser Welt Nützliche und Heilsames zu vollbringen. Zum einen Teil ist er Psychologie, zum anderen eine Sozialwissenschaft. Dennoch ermöglicht der Buddhismus auch eine Verwendung als Religion mit Tempel, Ritualen und heiligen Schriften. Insgesamt hält sich der Buddhismus für eine durch Beobachtung, Übung und Nachdenken überprüfbare Tatsache und oft scheint es, dass es aufgrund dessen nicht nötig ist, Abweichungen von der Lehre gnadenlos als Ketzerei zu verfolgen.

Bemerkenswert ist der Satz einenbekannten buddhistischen Gelehrten:

 “Der Unterschied zwischen Ethik und Religion ähnelt dem Unterschied zwischen Wasser und Tee. Ethik und innere Werte, die sich auf einen religiösen Kontext stützen, sind eher wie Tee. Der Tee, den wir trinken, besteht zum größten Teil aus Wasser, aber er enthält noch weitere Zutaten: Teeblätter, Gewürze, vielleicht ein wenig Zucker und – in Tibet jedenfalls – auch eine Prise Salz, und das macht ihn gehaltvoller, nachhaltiger und zu etwas, das wir jeden Tag haben möchten. Aber unabhängig davon, wie der Tee zubereitet wird: Sein Hauptbestandteil ist immer Wasser. Wir können ohne Tee leben, aber nicht ohne Wasser. Und genauso werden wir zwar ohne Religion geboren, aber nicht ohne das Grundbedürfnis nach Mitgefühl. Auch nicht ohne Wasser.” Tenzin Gyatso

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