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Immer mehr europäische Staaten setzen konkrete Maßnahmen gegen den unkontrollierten Zuzug von Sozial- und Wirtschaftsflüchtlingen.

30. November 2018 / 11:41 Uhr

Europa macht die Schotten dicht

Es hat lange gedauert, aber nun setzen doch immer mehr europäische Staaten konkrete Maßnahmen gegen den unkontrollierten Zugang von Sozial- und Wirtschaftsflüchtlingen. Österreich bindet unter anderem die Mindestsicherung an Pflichtschulabschluss sowie Deutschkenntnisse und Italien verschärft jetzt die Einwanderungsbedingungen drastisch.

Seit 70 Jahren kein Krieg in Europa

Kern-Europa gehört zu jenen Gebieten, die mit Abstand über das beste Sozialsystem verfügen. Davon profitierten nicht nur die hier über Generationen aufgewachsenen Bürger sondern auch die Zuwanderer. Dazu kommt, dass dieser Kontinent nun seit mehr als 70 Jahren von einer einmaligen Friedensperiode gekennzeichnet ist – sieht man von Konflikten ab, die sich wie der Balkankrieg von 1991 bis 1995 oder jetzt die Auseinandersetzungen zwischen der Ukraine und Russland außerhalb der EU abspielen.

Die Folge war und ist, dass Europa zum begehrten Ziel von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten, Asien sowie Afrika wurde. Es sind längst kaum noch Kriegsflüchtlinge, die den Weg in das so genannte Abendland suchen. Es ist daraus eine “Flüchtlings- und Schlepperindustrie” geworden.

Europa als begehrte soziale Hängematte

Besonders begehrt waren die skandinavischen Ländern (die von der “Willkommenspolitik” Abschied genommen haben und zwischenzeitlich bereits “dicht” machten), die Benelux-Staaten, Deutschland und Österreich. Das zeigen gerade Zahlen, die jetzt in Zusammenhang mit der Beschlussfassung einer neuen Mindestsicherung bekannt wurden.

So stieg ein Familienvater mit drei Kindern, der das Durchschnittsgehalt von 1.600 Euro netto bezog, nach Hinzurechnung aller Sozialtransfers monatlich schlechter aus als eine vergleichbare Familie, in der niemand arbeitet und die nur die Mindestsicherung erhielt. Und für junge Asylberechtigte war es geradezu unattraktiv, eine Lehre zu absolvieren, da die Mindestsicherung höher war als die Lehrlingsentschädigung. Sich in der sozialen Hängematte bequem zu machen, war geradezu eine Einladung hierher zu flüchten.

Balkanroute hat noch nicht ausgedient

Vor bald zwei Jahren hatten sich auf Initiative Österreichs die Staaten von Mittel-Südosteuropa entschlossen, die so genannte Balkanroute zu schließen, was mittlerweile auch zu einem starken Rückgang der Fluchtbewegungen von der Ägäis herauf bis an die Grenze der EU geführt hat. Davon, dass diese Route mehr oder weniger “dicht” ist, kann freilich noch nicht die Rede sein. Betroffen davon ist derzeit vor allem Bosnien, wo bis Mitte dieses Jahres immerhin fast 5.000 illegale Einreisen registriert wurden. Personen, die auf die Weiterreise nach Kroatien warten – oder sich abermals illegal auf den Weg machen.

Auswanderungsdruck aus Nordafrika

Mit dem Schließen der Balkanroute verlagerte sich das Interesse zur Überfahrt nach Europa auf das Mittelmeer. Hier spielt nicht unwesentlich mit, dass in den nordafrikanischen Staaten ein starker Auswanderungsdruck herrscht. Interessant in diesem Zusammenhang ist eine kaum bekannte Umfrage. Aufgrund der schlechten Wirtschaftsbedingungen im Land wollen gleich 25 Prozent der bis zu 25-Jährigen nach Europa oder in die USA emigrieren. Fünf Prozent nehmen auch das Risiko eines illegalen Transfers in Kauf.

Mittelmeer als Plattform der Flüchtlingsströme

Das Übersetzen des Mittelmeeres ist nicht nur ein riskantes Unterfangen – zumal die Schlepperorganisationen die Flüchtlinge fast nur in marode Boote, und die überlastet, pferchen. Auch die Aktionen diverser NGOs, die mit gecharterten Schiffen zu so genannten Rettungsaktionen ausliefen und die Flüchtlinge auf vorgelagerte italienische Inseln brachten, bekamen zunehmend Widerstand zu spüren. Das zeigen konkrete Zahlen. So zählte man im ersten Halbjahr 2017 noch 85.751 Menschen, die den Weg von Nordafrika nach Südeuropa übers Mittelmeer schafften. Heuer waren es im gleichen Zeitraum “nur” 42.845.

Italien sieht sich als Vorposten der Festung Europa

Italien, das ganz besonders von diesen Flüchtlingsströmen betroffen war und ist (allein die Zahl der hier illegal lebenden Afrikaner wird auf 300.000 geschätzt), setzt nun einen weiteren Schritt, die “Festung Europa” besser zu schützen. Nach dem Senat hat nun auch die Abgeordnetenkammer ein verschärftes Einwanderungsdekret gebilligt. Demnach wird

  • die Vergabe von humanitären Aufenthaltsgenehmigungen massiv eingeschränkt und gleichzeitig die Ausweisung von Migranten erleichtert,
  • die Verteilung und Unterbringung von Asylwerbern künftig vorrangig in Auffangzentren erfolgen,
  • als sicherheitspolitische Neuerung der Einsatz von Elektroschock-Pistolen ausgeweitet und die Räumung besetzter Gebäude erleichtert,
  • es mit Eilverfahren ermöglicht, als “gefährlich” eingeschätzte Asylbewerber rasch abzuschieben.

Schlussendlich wird nun auch Italien dem UN-Migrationspakt nicht mehr beitreten. Das, was die EU auf gesamteuropäischer Ebene nicht zustande bringt, wird nun von den Nationalstaaten sukzessive gewissermaßen auf eigene Initiative geschaffen und Brüssel damit mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt.

Der Beitrag stammt aus “EU-Infothek – Das unabhängige Magazin für Österreich und Europa” vom 30. November 2018.

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