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AfD-Politiker Joachim Paul aus Rheinland Pfalz im Interview: “Bürgern droht Löschung, Registrierung und Denunzierung.”

29. Juni 2017 / 13:41 Uhr

Netzwerkdurchsetzungsgesetz: “Es droht eine Lösch- und Sperr-Orgie in den sozialen Medien!”

Nicht nur im deutschen Bundestag laufen derzeit heiße Diskussionen um das von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) eingebrachte „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“, das noch vor den Bundestagswahlen am 24. September in Kraft treten soll. Im Prinzip geht es darum, Betreiber sozialer Netzwerke zu verpflichten, sogenannte „Hasspostings“ oder „Hetze“ eigenständig innerhalb von 24 Stunden zu eliminieren. Es drohen saftige Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro.

Kritiker wie der Rheinland-pfälzische AfD-Politiker und Medienexperte Joachim Paul sehen darin allerdings den Versuch, die sozialen Netzwerke und damit auch weite Wählerschichten im Sinne der Regierungsparteien zu beeinflussen und kontroversielle Diskussionen im Keim zu ersticken. Fachleute und Juristen zweifeln vor allem daran, dass private Netzbetreiber wie Facebook oder Twitter strafrechtlich relevante Textpassagen richtig beurteilen können und befürchten, stattdessen werde in vorauseilendem Gehorsam alles gelöscht, was auch nur irgendwie der Mainstream-Meinung widersprechen könnte.

Unzensuriert sprach dazu mit Joachim Paul.

Unzensuriert: Das „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ wird aktuell sehr intensiv diskutiert. Was halten Sie von dem Entwurf, den SPD-Bundesjustizminister Heiko Maas vorgelegt hat?

Joachim Paul: Es handelt sich um einen Angriff auf die Meinungsfreiheit im Netz. Sollte das Gesetz vom Bundestag verabschiedet werden, werden wir eine Lösch- und Sperr-Orgie in den sozialen Medien erleben, insbesondere bei ‚Facebook‘ und ‚Twitter‘.  Die Löschorgie ist dabei nicht Nebeneffekt, sondern insgeheimes Ziel des Gesetzes. Man muss sich nur den Urheber und die angestrebte Verabschiedung quasi über Nacht anschauen.

Meinungsaustausch und Meinungsbildung jenseits der Altparteien und etablierter Medien gefährdet eben die herrschende Meinung. Man hat aufmerksam registriert, dass verwackelte Handyvideos, gepostete Beobachtungen aus dem Alltag der immer bunter werdenden Republik und demaskierende Kommentare zuerst die ausgerufene Willkommenskultur und dann das Wir-schaffen-das-Dogma in Frage stellten. Denken Sie nur an die Kölner Silvesternacht. Das Ausmaß der Übergriffe und das Versagen des Staates wurden erst durch die sozialen Medien publik.

Noch bis zum Abend des 1. Januars schwiegen Leitmedien und Altparteien. Die Jagdszenen rund um den Dom, die Demütigungen durch enthemmte Nafris, die sich verabredet und westliche Frauen als Opfer ausgesucht hatten, das Bewerfen des Kölner Doms mit Böllern unter „Allahu-akbar“-Rufen – all das erfuhren kritische Bürger zuerst hier.

Sie sind eben nicht die ‚asozialen Medien‘, wie CDU-Vize-Bundesvorsitzende Julia Klöckner meinte, sondern ein wichtiges Korrektiv. Wichtig für unsere Demokratie.

Das NetzDG will angeblich gegen „Hate Speech“ und „Fake news“ vorgehen? Ist das nicht notwendig?

‚Hate Speech‘ und ‚Fake News‘ sind aus den USA importierte Begriffe, die juristisch nicht greifbar sind. Sie sind auch Kampfbegriffe, die dazu dienen, abweichende Meinungen zu kriminalisieren und ins Zwielicht zu rücken. Als ich im Landtag von ARD und ZDF als nimmersattem Staatsfunk sprach, wertete Ministerpräsidentin Malu Dreyer das bereits als Beispiel für eine Verrohung der Sprache. Man muss wissen: Fernsehfürstin Dreyer ist als Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder eine wesentliche Lobbyistin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. ZDF und SWR haben ihren Sitz in Mainz.

Wenn der NDR unsere Spitzenkandidatin Alice Weidel als ‚Nazischlampe‘ abwertet, ist das aber natürlich Satire. Zugespitzte Kritik an der islamischen Masseneinwanderung, an Parallelwelten und der Serie von Terroranschlägen, die angesichts der vielen Opfer nachvollziehbare Wut und Sorgen dokumentieren, wird aber schnell als islamophob, als Hass  abgewertet. Kritik, auch Schmähkritik am Christentum und unseren christlichen Festen bleibt jedoch Aufklärung.

Den Begriff ‚Lügenpresse‘ für die etablierten Medien lehnt die politisch-mediale Klasse ab, mit dem Begriff ‚Fake News‘ versucht sie hingegen, die Glaubwürdigkeit neuer und nicht zum politisch-medialen Komplex gehörende Medien grundsätzlich in Frage zu stellen. Ich will gerne zugeben, dass der Ton im Netz rauh ist und wir eine Polarisierung erleben. Letztlich bildet sich die gesellschaftliche Polarisierung aber auch im Netz ab. Die Anonymität verleitet viele Nutzer zu emotionalen Tiraden, die sie in der Gegenwart anderer nicht äußern würden. Das stimmt. Diese Tiraden sind aber nicht nur einer politischen Richtung zuzuordnen. Das NetzDG ist deshalb die falsche Antwort. Man kann die sozialen Medien stärker in die Pflicht nehmen, und zwar veranlasst durch eine Medienaufsicht, die laut Grundgesetz bei den Ländern liegt. Da haben wir konkrete Vorstellungen.

Was stört Sie am NetzDG konkret?

Es ist offenkundig, dass bei diesen unsinnig kurzen Fristen von wenigen Stunden bei gleichzeitiger Bußgeldandrohung in Millionenhöhe die Betreiber der sozialen Medien den einfachsten Weg gehen und umstrittene Inhalte schnellstens löschen werden, quasi vorsorglich. Der Bürger ist in einer schwachen Position. Ihm muss die Löschung nicht angezeigt werden. Er hat ferner im Grunde keine Möglichkeit, die Löschung seiner Meinungsäußerung anzufechten. Er muss darüber hinaus befürchten, registriert und in Folge denunziert zu werden.

Bezeichnend ist, dass völlig unterschiedliche Institutionen gegen das Gesetz Sturm laufen bzw. Mängel angemahnt haben. Eine kleine Auswahl: Der Deutsche Anwaltsverein, der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags und der UN-Sonderbeauftragte für Meinungsfreiheit, Prof. David Kaye. Kaye spricht den Medien-Unternehmen schlichtweg die Kompetenz ab, den Kontext, den Zusammenhang in dem eine Äußerung fällt, richtig einschätzen zu können. Richtig: Im Rechtsstaat ist das von Bedeutung – und in Demokratien Aufgabe gut ausgebildeter Richter und nicht die des ‚Twitter‘-Personals.

Kaye hat die Bundesregierung aufgefordert, binnen 60 Tagen Stellung zu nehmen. Mittlerweile hat auch die Mehrzahl der Experten, die im Rechtsausschuss des Bundestags angehört worden sind, gesagt, dass das NetzDG verfassungsrechtlich bedenklich ist.  Das Grundgesetz gibt vor: Eine Zensur findet nicht statt. Das ist die Ausgangslage. Die Bundesregierung will nun wieder beraten. Das NetzDG ist aber irreparabel. Es ist und bleibt ein gefährliches Machwerk, ein Zensurgesetz. 

Aus Sicht Ihrer Landtagsfraktion gibt ihr Bundesland auch Kompetenzen auf, wenn das NetzDG verabschiedet wird…

Im Medienausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags hat die Landesregierung großspurig angekündigt, man würde sich im Bundesrat für wesentliche Änderungen einsetzen, insbesondere für die Bewahrung der Länderhoheit. Denn eigentlich sind Medienrecht und Medienaufsicht Ländersache.

Im Plenum des Bundesrats hat sich Rheinland-Pfalz dann aber gar nicht geäußert. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang: Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Wissing (FDP), der dem Bundesratsausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz vorsitzt, hat die Einwände und Bedenken der Ausschüsse mit keinem Wort in das Plenum eingebracht.

Es zeigt sich einmal mehr: Sobald die FDP Kitt einer Regierungskoalition ist und mit Ministerposten versorgt wird, schrumpft die angeblich liberale Bürgerrechtspartei zum Erfüllungsgehilfen stärkerer Kräfte. Liberal ist man nur, wenn es nichts kostet und die politische Macht erhalten bleibt.

Nach Verabschiedung des NetzDG wird für diesen Bereich nun eine Bundesbehörde zuständig sein. Die rheinland-pfälzische Landesregierung ist also bereit, sich Kompetenzen nehmen zu lassen, nur um das Gesetz schnell durchzubringen.

Schon der Titel des Gesetzes gibt vor, dass das Recht im Netz durchgesetzt werden muss…

Das Netz war doch nie ein rechtsfreier Raum! Delikte wie Verleumdung, unzulässige Falschaussage oder Volksverhetzung – ohnehin weit auslegbar – sind von Gesetzgeber und Rechtsprechung definiert und strafbewehrt worden. Sie werden auch im Netz verfolgt. Es fehlt eigentlich nur an Staatsanwälten und Richtern. Man könnte und müsste nur die Justiz verstärken. Stattdessen privatisiert man durch das NetzDG die Strafrechtspflege. Schöne neue Welt: Die Mitarbeiter von ‚Facebook‘ und ‚Twitter‘ spielen Ankläger und Richter, Schnellurteil: Löschung. Je mehr man sich mit dem Gesetzesentwurf auseinandersetzt, wird ein sehr konkretes Ziel deutlich: Man will vor der Bundestagswahl Fakten schaffen und die Macht der Meinungsbildung in den sozialen Medien wahlentscheidend einschränken.

Sie haben sich intensiv mit dem Urheber des Gesetzes, Bundesjustizminister Maas, auseinandergesetzt …

Für Bürgerrechtler ist Heiko Maas die mitgebackene Maus im panierten Schnitzel der SPD. Der Minister ist ein Anti-Liberaler, der ein Problem mit Andersdenkenden hat.

Sein jüngst veröffentlichtes Traktat ‚Aufstehen statt Wegducken‘ ist ein beklemmendes Dokument linker Anmaßung und Intoleranz. ‚Welt-Online‘ wunderte sich jüngst darüber, was Maas so alles für rechts und damit untragbar hält.

Wer Maas kennen lernen will, muss um seine Kooperation mit Ex-Stasi-Spitzel Anetta Kahane wissen. Deren Stiftung fließen erkleckliche Steuermittel zu. Die NGO entwickelte sich zu Maasens Hätschelkind, das sich auf Anleitungen zur Denunziation und natürlich Gender spezialisierte.

Das Personal ist offen linksextrem. Ein Beispiel: Julia Schramm, die offizielle Hass-Jägerin. Sie feierte die Bombennacht in Dresden mit ‚Sauerkraut, Kartoffelbrei – Bomber Harris, Feuer frei‘. Laut TAZ sollte ‚Kartoffelbrei‘ andeuten, dass die Deutschen (‚Kartoffeln‘) zu Brei gebombt wurden. Das war übrigens keine ‚Hass-Sprache‘. Weder linksextreme, noch islamistische Hetze konnte das Gespann Maas-Kahane je als Problem erkennen.

Im Juni 2016 gab die Stiftung die Broschüre ‚Hetze gegen Flüchtlinge in sozialen Medien‘ heraus. Diese erläutert verschiedene Möglichkeiten, ‚Hassrede‘ im Internet zu erkennen, zu melden und anzuzeigen. Die Broschüre wurde von der Bundesregierung gefördert. Der weit auslegbare Begriff ‚Hassrede‘ ist natürlich insbesondere ein Instrument, um Kritik zu unterdrücken und ins Zwielicht zu rücken. Wenn linkslinke Stiftungsangestellte entscheiden, was unerträglich ist und aus dem Diskurs verbannt werden soll und staatliche Förderung und politische Macht zur Verfügung haben, wird es gespenstisch. Orwells Werk 1984 lässt grüßen. Übrigens fiel gerade Julia Schramm durch eine Vielzahl verbaler Entgleisungen und Tiraden auf.

Was die steuerfinanzierte NGO nicht ausrichten konnte, soll jetzt das NetzDG erledigen. Es ist also logische Folge und Krönung von Maasens Zensurwerk. Das NetzDG ist das Mittel, das durch den politischen Zweck geheiligt wird.

Wie hat die AfD das NetzDG im Landtag thematisiert?

Unsere AfD-Fraktion hat im Rahmen einer Aktuellen Debatte die Gefahren, die von dem NetzDG für die Meinungsfreiheit ausgehen, in die Öffentlichkeit getragen. Zudem hat ein von uns eingebrachter Antrag die Landesregierung aufgefordert, sich zumindest solange für eine Nichtverabschiedung des Gesetzes einzusetzen, bis die Bundesregierung den Brief des Sonderbeauftragten Kaye hinreichend beantwortet hat.

Unser Antrag schlägt vor, dass die Länder wieder ihrer verfassungsmäßigen Aufgabe gerecht werden und das Heft des Handelns wieder in ihre Hände nehmen. Wie wollten ein gemeinsames Vorgehen der Länder, ihre Aufsichtsbehörden sollen einheitlich darauf bestehen, dass Betreiber von Netzwerken Verantwortliche für die Einhaltung der einschlägigen strafrechtlichen Bestimmungen und Verfahren benennen, dass diese eine zustellungsfähige Adresse angeben und auf Anfragen und Beschwerden schriftlich in deutscher Sprache antworten. Ferner sollten die Länder die Netzbetreiber dazu anhalten, Nutzungsbedingungen zu entwickeln und zu veröffentlichen, die auch auf die Grenzen der Meinungsfreiheit eingehen und die firmeninternen Verfahren zu deren Einhaltung festlegen.

Diese Vorgehensweise ist durch das Grundgesetz den Ländern eigentlich ohnehin aufgegeben. Zusammen mit einer zielgerichteten Verstärkung der Justiz würde das Recht auch im Netz in ganzer Breite durchgesetzt werden können. Das NetzDG wäre dann überflüssig, sofern man nicht andere Ziele mit ihm verwirklichen will. Aber genau danach sieht es eben aus.

Wie reagierten die anderen Fraktionen im Landtag?

Die Altparteien haben zwar die Bedenken im Großen und Ganzen geteilt, waren aber nicht bereit, ein Signal zu setzen: So nicht. Man hat den Eindruck, dass sich einige Meinungsmacher in den Fraktionen durchaus mit dem Gedanken anfreunden können, dass ein als unangenehm wahrgenommener Diskurs im Netz verödet und ihre Politik nicht mehr so grundsätzlich in Frage stellt. Einer inhaltlichen Auseinandersetzung wichen sie aus.

Sehr schwach war der Auftritt der CDU. Julia Klöckner warf mir sinngemäß vor, die AfD habe doch nur Angst, um ihr Facebook-Format „AfD-TV“. Was für ein Niveau!  Die FDP, deren Bundespolitiker gegen das Gesetz mobil machten, duckten sich weg. In Rheinland-Pfalz kann man jeden Tag erleben, was FDP in Regierungsverantwortung bedeutet. Nämlich Anpassung an Rot-Grün bis zur Selbstaufgabe.

Joachim Paul, geboren 19. Juli 1070 in Berndorf bei Koblenz, ist Gymnasiallehrer und AfD-Politiker. Er ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Landtag Rheinland-Pfalz. Er arbeitet als ordentliches Mitglied des Ausschusses für Bildung und des Zwischenausschusses sowie stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für Medien, Digitale Infrastruktur und Netzpolitik und des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur.

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