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Der Zerstörer Donald Cook der US-Navy fährt den Hafen Konstanza an. Die erste Phasen des NATO-Raketenabwehrprojekts sind auf Schiffen und in Rumänien bereits in Betrieb. Der weitere Ausbau in Polen ist höchst umstritten.

7. November 2017 / 15:30 Uhr

Nordkorea als Vorwand für weiteren Ausbau der NATO-Raketenabwehr in Osteuropa

Das von der NATO in Osteuropa betriebene Raketenabwehr-Projekt sorgt seit Jahren für Missstimmung zwischen der US-geführten Militärorganisation und Russland. Denn der weitere Ausbau des 2009 unter dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama konzipierten European Phased Adaptive Approach (EPAA) in Polen scheint durch keinerlei Bedrohungen zu rechtfertigen. Dennoch bleibt die NATO stur und bringt Nordkorea als neue Bedrohung Europas ins Spiel, während Studien in den USA und in Deutschland vor dem Durchpeitschen des Projekts warnen.

Gefahr durch Iran deutlich verringert

Die ursprüngliche Aufgabe des Raketenschildes wäre es gewesen, einen möglichen Angriff mit Atomraketen aus dem Iran abzuwehren. Doch das Atomprogramm des islamischen Staates wurde stark eingeschränkt, der Atomstreit des Westens mit dem Iran ist seit mehr als zwei Jahren beigelegt.

Das EPAA-Programm sollte daher ebenfalls eingeschränkt werden, fordert eine Studie des in San Francisco beheimateten Ploughshares Fund, der Initiativen gegen nukleare, biologische und chemische Waffen unterstützt. Die beiden ersten, bereits realisierten Phasen auf Schiffen im Mittelmeer bzw. in Rumänien seien für die Abwehr iranischer Raketen ausreichend. Über Mittelstreckenraketen, die von Polen aus abgewehrt werden sollen, verfüge das Mullah-Regime gar nicht. Die einzigen beiden Staaten im Nahen und Mittleren Osten mit Raketen dieser Reichweite seien Israel und Saudi-Arabien – beide treue Verbündete der USA.

Deutsche Stiftung sieht keine glaubhafte Bedrohung

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), in der es gleich zu Beginn mahnend heißt:

Wenn sich indes keine Bedrohung jenseits des euroatlantischen Raumes glaubhaft machen lässt, bietet das Nato-Raketenabwehrprojekt keinen Sicherheitsgewinn für die europäischen Nato-Verbündeten, zumal Russland das Projekt als feindlichen Akt auffasst und entsprechende militärische Gegenmaßnahmen ergreifen wird.

Die SWP-Expertin Katarzyna Kubiak empfiehlt trotz der durch Sanktionen verfahrenen Situation einen neuerlichen Versuch, die Raketenabwehr zu einem Projekt der Kooperation zwischen der NATO und Russland zu machen. Gelingt dies nicht, rät man der deutschen Bundesregierung eindringlich, auf die NATO einzuwirken, um die angespannte Situation gegenüber Russland zu deeskalieren.

Vor allem geht es darum, dafür zu sorgen, dass Moskau das Abfeuern von Abfangraketen nicht als offensiven Angriff interpretiert.

Für die NATO sitzt der Feind jetzt in Nordkorea

Von Deeskalation scheint die NATO aktuell jedoch weit entfernt. Ihr Generalsekretär Jens Stoltenberg wies erst Ende Oktober darauf hin, dass Nordkoreas Raketen nun genügend Reichweite hätten, um auch Europa anzugreifen. “Nordkorea könnte Atombomben auf Europa abwerfen”, formuliert das US-Magazin Newsweek besonders drastisch. Damit rechtfertigt Stoltenberg den Weiterbau des EPAA-Projekts mit dem Ziel der Fertigstellung auch in Polen bis Ende 2018. In Moskau hingegen sieht man als wahren Grund den Versuch, die atomaren Kapazitäten Russlands zu neutralisieren.

Inkonsistenz zwischen der Worten und den Taten der NATO

Die russischen Sorgen über das EPAA-Projekt seien zwar übertrieben, heißt es in dem von der Finnin Tytti Erästö verfassten Papier des Ploughshield Fund, jedoch nicht grundlos. Nur ein Stopp des weiteren Ausbaus in Polen würde einerseits die europäische Sicherheit erhöhen und andererseits die Inkonsistenz zwischen der Worten und den Taten der NATO auflösen, schreibt Erästö.

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